Das lange Warten hatte endlich ein Ende. Am 07.10.2024 trafen die ersten Jungs frohgelaunt und neugierig pünktlich im Röslerstadion ein. Die Stimmung war schon jetzt sehr gut und die positive Anspannung war förmlich spürbar. Die Teammitglieder die am ersten Training teilnahmen oder auch als Zuschauer dabei waren, ließen keinen Zweifel aufkommen. Jetzt wird auf dem Platz so richtig gerockt!
Tja, mag ja sein das der Wille dar war, aber ganz ehrlich, dass sollte was werden? Zweifeln war erlaubt, vielleicht sogar berechtigt.
Vorweggesagt, jeder der am 1. Training teilnahm, wurde zu Hause wohl von der jeweils besseren Hälfte mit warnenden Worten verabschiedet. Ich gehe mal davon aus, dass es bei euch ähnlich wie bei mir abgelaufen ist!
Fürsorglich wurde mir gesagt, du bist jetzt über 64 Jahre alt, pass bloß auf dich auf, du hast seit Jahren nur auf der faulen Haut gelegen. Und sie fortfahrend, du hast doch fürs Fußballspielen viel zu viele Kilos auf den Hüften. Oder, du bekommst doch schon keine Luft mehr, wenn du im Keller gehst um dir dein Bierchen zu holen! Ich dachte noch so bei mir, wenn du so Bedenken hast, dann bring es doch einfach mit hoch. Oder noch ganz anders, denk daran Morgen kommen die Enkelkinder, du wolltest mit denen ein Baumhaus bauen. Und so weiter und so weiter!
Das härteste war aber, komm mir bloß nicht mit einem jämmerlichen Winseln nach Hause. Jaja, rede nur, dachte ich und war mir sicher, mir passiert ja nichts! Sozusagen Selbstüberschätzung!
Zurück zum Training. Nach einer kurzen Begrüßung betrat man endlich den Kunstrasenplatz. Die neue sportliche Heimat, dass Heiligtum der VSF – Amern. Wolli erklärte in seiner Ansprache die wichtigsten Abläufe beim Gehfußball. Die Meisten hatten sich aber schon im Internet umgeschaut und die ersten wichtigen Regeln verinnerlicht.
Dann ging es los! Das runde Spielgerät, auch Fußball genannt, war gefühlt tonnenschwer und kaum zu bewegen. Man stieg dann auf einen leichten Jugendball um. Es wurden zwei Mannschaften gebildet. Tipp, Top, Tobi, du darfst als erster wählen. Und dann wurde einfach mal drauflos gespielt. Die meisten waren in den letzten Jahren nicht mehr sehr aktiv gewesen, zumindest nicht beim Fußball! Also dementsprechend wurde der Jugendball auch zunächst als Fremdobjekt gesehen. In den Augen der Spieler war des Öftern zu lesen, was kommt da für ein Ufo auf mich zugeflogen? Hilfe, gleich wirst du bestimmt empfindlich getroffen. Soviel Schutzhände besitzt der männliche Körper gar nicht um alles abzudecken, was für das weitere Leben wichtig ist! Auf jeden Fall, was früher normal war, wollte einfach noch nicht so richtig gelingen. Gepflegtes Kurzpassspiel, was ist das? Ball flachhalten, keine Ahnung, die Flutlichter waren mitunter in Gefahr, wenn mal wieder jemand versuchte einen riskanten Außenrisspass zu spielen.
Vereinzelte Zuschauer meinten wirklich, wenn die so weiter machen, benötigen die VSFler neue Flutlichter. Ironie pur, die sind übrigens schon geliefert und montiert worden. Super Vorstand, super VSF!!!
Die Worte und Sätze die beim Fluchen, Schimpfen und Verzagen rausgeschrien wurden, darf ich als Chronist aus verständlichen Gründen nicht aufführen. Wie gesagt, aller Anfang ist eben schwer!!
Noch besser waren die gutgemeinten Tipps und Sprüche, so unter anderem: Geh doch mal steil, oder geh dich frei. He, dass auf der anderen Feldseite, das Aluviereck mit dem Anglernetz behangen, ist das Tor. Da sollte nach Möglichkeit der Ball hin, wenn es irgendwie geht sogar rein. Und nicht die Pille mal Richtung Lunapark gebolzt, oder noch viel schlimmer die Jungs beim Tennis mit einem angeflogenen Fußball überraschen.
Oder, geh nicht so schnell, laufen ist doch verboten. Der war niemals zu hoch, den hätte ich locker mit der Brust stoppen können. Oder du sollst doch nicht grätschen, habe ich ja auch nicht, ich bin nur ausgerutscht oder gestolpert.
Nur gut das in den nächsten Wochen farbige Trainingsleibchen zum Auseinanderhalten besorgt wurden. Man hatte den Eindruck das der Mannschaftsgeist schon recht ausgeprägt war. So ähnlich wie in einer Krabbelgruppe im Kindergarten! Obwohl zwei gleichstarke Mannschaften gebildet wurden, hatte man immer das Gefühl jeder auf dem Platz spielt mit jedem. Nein, nicht teamgetrennt, sondern schön miteinander. Nimmst du den Ball oder ich, oder doch keiner? Das einfache Fußballspiel was man seit vielen Jahren kannteund irgendwie auch liebte, bekam an diesen Abend eine ganz neue Definition. Einmalig schön und vor allem überaus filigran und lasziv, vorgetragen! Wunderbar zum Anschauen! Zumindest für die, die auf seelische Grausamkeit stehen.
Schnell merkte man aber, das Gehfußball kein Opaspielist. So ziemlich alle Muskeln werden betätigt, die Lungenflügel brannten, sodass schon bei einigen das erste rhythmische Pumpen zu hören war. Das hörte sich so an, als ob der naheliegende Kranenbach leergepumptwürde.
Und deshalb auch immer wieder der alte Fußballertrick. Moment, ich muss mir die Schuhe neu binden. Bringt ja schließlich Zeit zum Luftholen! Zwischenzeitlich habe ich gedacht ich wäre bei den Bambinis. Die können ja alle noch keine Schleife binden, sooft wie die in der Hocke sind.
Selbst über den Platzwart wurde geschimpft. Mensch der hätte den Rasen mal mähen können, der steht doch viel zu hoch. Einige wussten womöglich gar nicht das die VSF Amern mittlerweile einen Kunstrasenplatz haben. Einer sagte sogar wortwörtlich, da bin ich doch tatsächlich wieder über die Grasnarbe gestolpert. Grasnarbe, also ehrlich!
Die Beschwerdeliste wurde immer länger. Ich, der nie gewählte Chronist, konnte sich trotz allen Bemühens nicht alles merken. Da ich auch mit mir selbst genug zu tun hatte. Was hatte Wolli vor dem Spiel gesagt? 4 x 15 Minuten reine Spielzeit? Ich dachte mir, oh Mann, was könnte man in der gleichen Zeit so alles Schöne machen!Lecker essen, kühles Bierchen trinken und natürlich auch sich bei der schönsten Nebensache der Welt betätigen. Nein, ich meine jetzt nicht Fußball!
Das 1. Training nahm seinen Lauf. Auch der eine oder andere Griff am Oberschenkel oder an der Wade wurde häufiger. Das Händestämmen in den Hüften um durchzuatmen wurde bei allen zur Überlebungsmaßnahme. Die bettelenden Blicke zum Himmel, „Herr sende mir ein Sauerstoffzelt“, nahmen zu. Man konnte den Eindruck gewinnen es würden sich auf dem Schlachtfeld mehr Sternengucker als Fußballer befinden. Festhalten muss man aber, es wurde nicht geklagt, sondern viel mehr auf den Zähnen gebissen. Und immer wieder überausfreundlich motiviert. So zum Beispiel, dass muss man sich mal vorstellen, geh mal was schneller du Formel1 – Schnecke!
Die ersten Erfolgserlebnisse blieben nicht aus und der Ball landete hier und da auch mal ins Tor. Wie das passieren konnte, konnte ich mir seinerzeit nicht erklären.
Lustig waren auch die Trinkpausen. Nach dem ersten Viertel kamen noch alle Spieler aufrecht gehend zur Seitenlinie. Super Gehfußball ist cool, hörte man aus den Reihen! Nach dem zweiten Viertel wurde es schon etwas schwieriger. Boh, ist das aber anstrengend, hätte ich nie gedacht! Ja und nach dem dritten Viertel hörte man schonvon Weiten, lass mich einfach nur hier auf dem Spielfeld liegen, der Weg bis zum Spielfeldrand ist mir zu lang.Alles Jammerlappen dachte ich noch und schon schlug er ein der stechende Blitz in meiner Wade. Tja, die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott direkt. Beim theatralischen Umfallen, der Bewusstlosigkeit nahe, so die anschließende Äußerung meines kleinen Bruders Bernd, dachte ich noch beim knallharten Aufschlagen, wie erkläre ich die erste Zerrung jetzt zu Hause? Ich sah meine Marita schon bildlich vor mir, dass wird heftig dachte ich. Nutzt nichts, Schwester Rabiata, ich komme! Zwar ganzlangsam humpelt fand ich ungebremst vor Schmerzen gekrümmt den Weg zum Krankenlager. Ich ging von einer Ausfallzeit von mindestens einem ganzen Jahr aus. Unerträgliche Schmerzen, wie sie nur ein Mann ertragen kann, meinte ich noch. Der strenge Blick von Schwester Rabiata ließ mich aber schnellstens umdenken. Schon am Mittwoch nach dem Trainingsvorfall saß ich schmunzelndauf dem Sofa. Meine Frau fragte, was grinst du so? Meine Antwort: “Noch fünfmal Schlafen und wir haben wieder Training“. Wie ein großes Wunder konnte ich am kommenden Training beschwerdefrei Fußballspielen. Zwar nicht besser, aber ich war dabei.
Kurz zurück noch einmal zum 1. Training. Nach einer guten Stunde, pfiff Wolli das erste Trainingsspiel ab. Zum Teil erschöpft aber zufrieden verließ man gemeinsam sich gegenseitig stützend den Platz und begab sich zur 1. fünften Halbzeit zur Außenanlage des Sportlerheims.
Die erste gemeinsame Kiste Bier der Walking Footballerzum Einstand gab Bernd aus. Wenn man eines nicht verlernt hatte, dann war das das Bierfassen. Da waren die Jungs deutlich besser unterwegs als beim Training. Die erste Kiste war schneller weg als man gedacht hatte. Hier galt anscheinend die Langsam-Regel nicht mehr.
Es wurde Nachschub besorgt und in einer sehr lustigen Runde Zukunftsvisionen geschmiedet. Die Phantasie kannte keine Grenzen. Man konnte sehr schnell erkennen, da passiert gerade etwas Großes. Zur vorgerückten Stunde, wurde schon überheblich über Trikots gesprochen. Aber auch so ernste Fragen wurden gestellt, Wann ist denn die Weihnachtsfeier, oder wann findet der Ausflug statt?
Bevor aber Trikots bestellt wurden, musste ganz zwingend ein Kühlschrank her. Dieser sollte natürlich an jeden Montag zum Training mit kaltem Bier gefüllt sein. Wolli nahm sich der Sache an und siehe da, schon in der nächsten Woche war der Kühlschrank im Geräteschuppen angeschlossen und mit kaltem Bier gefüllt. Super Wolli, lass auch zukünftig Bier fließen!
Schon spät am Abend verabschiedeten sich die Jungs und versprachen sich gegenseitig am kommenden Montag wiederzukommen. Der Anfang war gemacht und ganz so schwer wie angenommen war es ja auch nicht. Es hatte einfach nur Riesenspass gemacht!
Wichtig war es jetzt das Team zu vergrößern. Um vernünftig spielen zu können, benötigt man beim Training am besten zehn Mann. Mehr wäre auf jeden Fall besser, weil man hier und da auch schon mal Ausfälle hat. (Urlaub, Krankheiten, Verletzungen o.ä.). Die FoestBrüder neigen ja schon mal dazu, Monate lang abwesend zu sein. Sportfreund Udo kann das auch gut. Soll aber keine Kritik sein. Ihr braucht halt längere Pausen!
Mittlerweile ist das Team 20 Mann stark. Tendenz steigend!
Jetzt 10 Monate später kann ich zu Recht behaupten, dass wir eine ganz tolle Truppe geworden sind. Wir haben die ersten beiden Spiele gewonnen und uns fußballerisch schon deutlich gesteigert. Was uns allen gut gefällt, ist die Tatsache, dass wir bei den VSF Amern so richtig angekommen sind. Treu nach dem Vereinsmotto „Rot und weiß wie lieb ich Dich“!
Wir pflegen ein sehr gutes Verhältnis zum Vorstand Uli Fiedler, Roland Flüggen und Uli Hamacher, haben sich in der ganzen Zeit sehr um uns bemüht. Dafür an dieser Stelle, nochmals herzlichen Dank! Ich persönlich hätte nie gedacht, dass die Gründung der Gehfußballmannschaft so eine Erfolgsgeschichte werden kann. Auf jeden Fall bin ich froh und stolz einer von euch zu sein. Ihr seid schon ein cooler Haufen! - Danke!